tosca

Kiel, Januar 2016

« Während die Verlegung alter Geschichten in neue Zeiten und an neue Orte heute zum Handwerkszeug der Szenografie gehören, lohnt es sich vielleicht manchmal, den Blick aufs Original zu richten. Zumal wenn dabei – wie jetzt in Kiel – nicht bloß die Wiederkehr des ewig Gleichen herauskommt. Der italienische Videokünstler Luca Scarzella hat sich in Rom an den Schauplätzen von Puccinis «Tosca» mit der Kamera umgeschaut und das Material für ein flexibles, vor allem aus Projektionen gestaltetes Bühnenbild genutzt, das den Zuschauer gleichsam an die Hand nimmt. Ein überraschendes Ergebnis: Die Wirkung der Musik wird optisch unterstützt oder gar gesteigert (…) Im zweiten Akt macht Scarzella die seelische Verfassung der von Scarpia bedrängten Titelheldin dadurch sichtbar, dass der Raum sich zu drehen beginnt – bis Tosca beim «Vissi d’arte» wieder Halt und zu sich selbst findet. Den spektakulären Sprung von der Engelsburg «erlebt» der Zuschauer als rasenden Zusammenschnitt flüchtiger Erinnerungsbilder und Impressionen, die Tosca in Sekundenbruchteilen durch den Kopf schießen. Eine durchaus stimmungsdichte, experimentelle, zukunftsträchtige Alternative zu herkömmlichen Bühnenarchitekturen. (…) Lukas Hemlebs Personenführung ist dicht und genau, er arbeitet die Charaktere klar heraus. »
Opernwelt

« Lukas Hemleb, Regisseur der jüngsten Kieler Neueinstudierung, bewegt sich also auf einem guten Weg der Tradition, wenn er mit Hilfe raffinierter Videoprojektionen von Luca Scarzella die Spielräume der Wirklichkeit angleicht. Doch geht er einen Schritt weiter und gibt den szenischen Hintergründen eine Art präzis kalkulierter Künstlichkeit, die mehr bedeutet als pure Illusion: Räume für Magie und Imagination. Am Gegenspieler des unglücklichen Liebespaares demonstriert Regisseur Lukas Hemleb am deutlichsten, dass er dem Spiel von Liebe, Eifersucht, Verführung, Eroberung, Verrat und Gewalt auch eine politische Dimension abgewinnt. Denn Gevorg Hakobyan – dem Kieler Publikum spätestens vom Sommertheater in der Titelrolle des „Nabucco“ bekannt – gibt mit gekonnt eingesetzter Baritonstärke dem Baron Scarpia nicht nur die Züge eines brutalen Schurken. Seine Erscheinung (Kostüme: Otto Krause) erinnert an gewesene Machthaber hinter Mauern und Eisernen Vorhängen. Er gibt sich als unauffälliger Biedermann, der seine triebhafte Neigung zu Erpressung und Gewalt hinter einer Fassade harmloser Alltäglichkeit versteckt – eine zeitgemäß wirkende Gestalt gut versteckter Despotie. »
Kultur.blog für Kiel

« In Kiel erscheinen diese Orte als hintergrundfüllende Videoprojektionen, die sich wie dreidimensionale Architektur in die Bühne einfügen. Und nicht nur das. Zoom, Bildbewegung, Beleuchtung sind jeweils auch Indikatoren für die Emotionen der Liebenden. Es ist wohl auch ein Teil des Wesen Puccinis selbst, das da zu sehen ist. Der, sagt Hemleb, sei technischen Neuerungen gegenüber höchst interessiert gewesen, habe sich für Automobile begeistert und gewiss auch die Erfindung der Fotografie und der bewegten Bilder gekannt. (…) « Tosca » in Kiel – schon wieder? Mit solch kreativer Kraft gerne auch jedes Jahr. »
Schleswig-Holsteinische Landeszeitung

Giacomo Puccini
« Tosca »
conductor: Daniel Carlberg
director: Lukas Hemleb
video designer: Luca Scarzella
costume designer: Otto Krause
Oper Kiel